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Der Tagesspiegel background energie & Klima

Im Gespräch mit mascha kauka

Mascha Kauka

Gründerin der Stiftung Amazonica

 

Mascha Kauka war Verlegerin. Heute widmet sie sich dem Schutz einheimischer Völker im Regenwald von Ecuador. 1980 besuchte sie das Land zum ersten Mal. Der Brief eines Häuptlingssohns gab den Ausschlag für die Gründung der Stiftung Amazonica. Diese setzt auf saubere Energieversorgung und nachhaltigen Tourismus im Regenwald.

 

1980 reiste die abenteuerlustige Münchner Verlegerin Mascha Kauka mit ihrem Mann nach Ecuador – mitten hinein in den Regenwald. „Ich wollte gerne Ureinwohner sehen“, erzählt die 75-Jährige heute.

Sie ahnte damals nicht, dass sie regelmäßig dorthin zurückkehren würde: Kauka leitet nun seit vielen Jahren die Stiftung AMAZONICA, die sich für den Erhalt und die Gestaltung des Lebens im Amazonasbecken einsetzt. Ihr aktuelles Projekt baut Ausbildungszentren und eine Infrastruktur für nachhaltigen Tourismus auf. Die Arbeit habe viele Facetten, soziale, ökologische, jene der Völkerverständigung. Sie alle fallen unter ein Motto: „Den tropischen Regenwald schützen heißt Klima schützen“, sagt Kauka.

 

Kauka und ihr Mann trafen damals auf das indigene Volk der Chachi, die aus ihrem Lebensraum vertrieben werden sollten: Der Wald drohte von Holzgesellschaften gerodet zu werden. Der Häuptling fasste Vertrauen zu den deutschen Touristen und bat sie um Hilfe. Kauka hatte Mitgefühl, sah aber zunächst keine Möglichkeit, etwas zu tun. Zurück in München erhielt sie Wochen später einen Brief des Häuptlingssohnes. Als sie ihm dann einen Bogen mit konkreten Fragen zu dessen Vorhaben schickte und er diese auch mühevoll beantwortete, überzeugte das nicht nur Kauka, sondern auch ihren Mann. „Ich dachte mir, wenn sich jemand so eine Mühe macht, dann sollten wir wenigstens schauen, ob es geht“, erzählt sie. „Es gab für die Chachi damals weder Hilfen vom Staat noch von anderen Hilfsorganisationen.“

 

Kauka mobilisierte den gesamten Freundeskreis

 

Die Stiftung Amazonica sei bis heute die einzige private Hilfsorganisation, die ihre Basis „off road“ im Wald habe. Kauka gründete 1982 zunächst den gemeinnützigen Verein „Indio-Hilfe“, 2007 dann die Stiftung Amazonica als deren Nachfolgeorganisation. Vier Einheimische sind mittlerweile fest angestellt. Gemeinsam mit ihrem Mann mobilisierte sie ihren Freundeskreis, sammelte Spenden, organisierte Flohmärkte. Mit dem Geld gelang es ihnen damals, die Vertreibung der Chachi aus dem Regenwald zu verhindern: Wie von der ecuadorianischen Regierung vorgegeben, konnten sie das Land vermessen. Die Chachi erhielten einen offiziellen Landtitel und retteten auf diese Weise den Wald als ihren Lebensraum.

 

Mascha Kauka hatte zuvor ganz andere Pläne: Sie studierte Germanistik, Romanistik und Geschichte in München und Paris, arbeitete als Redakteurin bei verschiedenen Kinderzeitschriften und gründete 1971 ihren eigenen Verlag, RV-Officin. Nach Gründung der Indio-Hilfe lief beides viele Jahre lang parallel. Ab 2000 widmete sie sich dann vollkommen der Arbeit in Ecuador, reist bis heute mehrmals im Jahr dorthin. Ihr Mann, mit dem sie das Projekt gemeinsam aufgebaut hatte, verstarb 2006. „Er war immer der Vernünftigere von uns beiden“, sagt Kauka. „Er hat dann auch mal gebremst.“

 

Die Ureinwohner sind die besten Beschützer des Regenwaldes

 

Ihr Ziel war von Beginn an der Schutz des tropischen Regenwalds durch die Förderung seiner Ureinwohner. „Das sind die letzten intakten Regenwaldgebiete, die wir noch haben“, sagt Kauka. „Die können wir nur schützen, indem wir dort arbeiten.“ Das Volk der Achua beispielsweise lebe mit etwa 8000 Menschen auf einer Fläche von 7000 Quadratkilometern. Für Urwaldverhältnisse sei das relativ dicht besiedelt. „Da gibt es genügend Menschen, die sich um den Waldschutz kümmern können.“ Ein Arbeitsplatz vor Ort generiere Einkommen – anstatt in die Städte ziehen zu müssen, haben sie nun eine Zukunft auf ihrem eigenen Territorium und schützen dieses ganz automatisch.

 

Um diesen Ansatz auch unter weiteren indigenen Völkern zu verbreiten, gründete Kauka vor fünf Jahren die Amazonica Akademie: Anfangs sollte in Kooperation mit verschiedenen Hochschulen vor allem der Einsatz erneuerbarer Energien im Urwald untersucht werden. Heute kann die indigene Bevölkerung in Ausbildungszentren mitten im Regenwald Kurse und Fortbildungen besuchen. Auch internationale Studierende und Wissenschaftler haben durch die Akademie Zugang zu noch vollkommen intakten Regenwäldern, lernen und arbeiten auf Augenhöhe mit den Einheimischen. Die Gastgeber in den Zentren sind die dort ansässigen Völker Shuar und Achuar, die ausgebildet werden, um das Tourismus-Netzwerk aufzubauen. „Da bin ich stolz drauf“, sagt Kauka, „Bis vor nicht allzu langer Zeit waren sie noch verfeindet.“

 

Stromversorgung fast ausschließlich durch erneuerbare Energien

 

Nachhaltiger Tourismus sei der beste Schutz für den Wald, schließlich kommen Touristen, um gesunde Regenwälder zu sehen. Ökologische Arbeitsmethoden, Müllsammeln im Umkreis, der Erhalt der Artenvielfalt im Wald – das Bewusstsein für Klima- und Umweltschutz wird in der einheimischen Bevölkerung besonders gefördert. Zudem werde 98 Prozent der Energie durch Photovoltaik gewonnen, Wasserturbinen ergänzen die dezentrale Stromversorgung. „Wir haben die Gemeinden von Anfang an unterstützt, damit der Wald stehen bleibt“, sagt Kauka. Die zukünftige Lebensqualität auf der Erde werde davon abhängen, wie gesund wir unsere Natur erhalten. „Jeder Mensch muss und kann dazu beitragen.“ Auch eine emotionale Dimension habe das Ganze: „Wenn man dort ist, verliebt man sich regelrecht in den Wald. Das darf nicht kaputt gehen.“ Leonie Düngefeld

 

 

Wer rettet das Klima, die Politik oder der Einzelne?

Beide gemeinsam.

 

Auf welchen Flug würden Sie nie verzichten?

Auf den Flug nach Hause.

 

Wer in der Klima- und Energiewelt hat Sie beeindruckt?

Alexander von Humboldt und Prof. Dr. Hans-Peter Dürr: Artenschutz = Naturschutz = Klimaschutz.

 

Welche Idee gibt der Energiewende neuen Schwung?

Bisher geht nichts über die Photovoltaik – sie muss nur mit neuem Schwung verbreitet werden.

 

 

Quelle: Der Tagesspiegel Background Energie & Klima vom 06.08.2020

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